Japan im Winter - Nichts für Frostbeulen!

Dieses Thema im Forum "Asien Reiseforum" wurde erstellt von Kitakinki, 18. März 2018.

  1. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    ...auch wenn's genau während meiner Abwesenheit in Deutschland richtig kalt wurde, wer soll das denn wissen :embarrassed:. Mein Chef zum Glück nicht, denn sonst hätte ich keinen Urlaub bekommen.
    Die Fotos sind alle mit meinem HTC10 entstanden, ich nehme schon seit Jahren keinen richtigen Fotoapparat mehr mit da mir das ständige aus- und einpacken zu umständlich ist. Außerdem habe ich schon ca. eine Zillion Japanfotos und könnte meiner Familie immer die gleichen Fotos zeigen, die würden es nicht merken.

    Gebucht war wie auch schon bei den letzten Reisen ANA, dieses mal hin allerdings mit morgendlichem Umstieg in Fränkiefurt, Ankunft in Haneda am nächsten Tag morgens um sieben. Auf dem Weg hinaus zum Franz-Josef-Strauß hab mir mein Bruder noch eine umfangreiche Einkaufsliste mit. In FRA gab es dann gleich mal eine schöne Überraschung:

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    Einen Kuchen und diverse Getränke anlässlich des 25. Jubiläums der Direktflüge zwischen Japan und Deutschland durch ANA. Zuerst ein paar Fotos mit einem Offiziellen des Flughafens, dann bekam jeder ein Stück Butterkremtorte mit Marzipan. Die Getränke waren viel zu viel, habe mir dann noch unauffällig ein paar Flaschen für den Flug eingepackt...

    Der Flug selbst war ereignislos, die Auswahl der japanischen Doramas leider nicht so gut, eines war wie immer eine Romantikschmonzette und das andere, ein Polizeidorama, hatte ich schon gesehen.
    Die Einreisekontrollen in Haneda gingen zügig (wie immer), für Passkontrolle, Gepäck, Zoll, SIM-Karte zum telefonieren ausleihen und den zweiten Koffer zu meinen Bekannten nach Utsunomiya schicken brauchte ich nur eine dreiviertelstunde.

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    Die heutige Route. Am Umtauschbüro für den JR Pass in Haneda standen die Leute bis zur Tür hinaus, kurz überlegt und beschlossen mit der Keikyu-Bahn bis Shinagawa zu fahren und den Pass dort umzutauschen. Außerdem gibt's bei Keikyu gleich eine schöne Melodie wenn der Zug einfährt (Video nicht von mir). Auf die Frage warum man Gäste aus aller Welt mit einem Lied der Gruppe "Sekai no Owari", was "Ende der Welt" bedeutet begrüßt habe ich allerdings auch keine Antwort.



    In Shinagawa musste ich dann aber feststellen dass der Umtauschschalter noch nicht geöffnet hat, es war kurz nach acht und auf dem Rolltor stand geöffnet ab 9 Uhr. Also schnell in die Yamanote gehüpft (welche dank des Sonntags nicht überfüllt war) und den Pass am Bahnhof Tokio umgetauscht, wo auch schon einige Leute vor mir anstanden. Die Dame am Schalter ließ mir dann gleich eine Reservierung für den Toki 311 nach Niigata raus. Beim Toki muss man aufpassen, da verkehren auch Doppelstockzüge in denen man den Koffer schlecht unterbringen kann.
    Ein paar Minuten hatte ich noch, also kurz beim Ausbeuter mit der grünen Nixe einen Matcha-Latte bestellt, festgestellt dass der immer noch so süß ist und dann zum Bahnsteig des Jôetsu-Shinkansens gegangen. Das Frühstück bestand neben dem Teegetränk noch aus einem Katsu-Sando, einem Schnitzeltoast.

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    Da fiel mir dann zum ersten Mal auf wo denn mein Laptop war? In der Tasche war er nicht. Diebstahl im Flieger oder in Japan schloss ich ganz naiv aus, also blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder daheim vergessen, oder in Minga bei der Sicherheitskontrolle, da hatte die Dame vor mir etwas Tratra gemacht warum sie denn fast alles ausziehen müsse wenn es doch den komischen Scanner da gäbe und deren Handgepäck kam gemischt mit meinem heraus. So war's dann auch, mein Bruder fuhr dann prompt zum Flughafen ins Erdinger Moos und nahm den Schlepptop gegen 27 Euro Bearbeitungsgebühr in Empfang :RpS_blushing:

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    Niigata ist einfach hässlich. Seit Ewigkeiten wird da der Bahnhof umgebaut, und jetzt wird auch noch am Vorplatz abgerissen. Das Sandwich war nicht genug, also folgten noch ein paar Nüdeli beim Stehimbiss im Bahnhof.
    Zur Fähre auf die Insel Sado ging es mit dem Taxi, dummerweise war an diesem Sonntag eine Hochzeitsmesse und die einzige Zufahrtsstraße zum Fährterminal total verstopft. Da wäre laufen schneller gewesen.
    Durch den hohen Seegang fielen die Tragflächenboote zur Insel aus (eine Flugverbindung gibt es schon seit Jahren nicht mehr), es blieb nur die Autofähre. Am Samstag waren alle Verbindungen ausgefallen, dementsprechend gut gefüllt war das Schiff. Für 3.300 Yen gab's eine Matratze mit Decke, wollte zunächst noch etwas lesen, der doch recht starke Seegang wiegte mich dann aber sanft in das Reich der Träume.

    Am Hafen in Sado warteten dann schon mein Spezi der Wirt und seine Frau um mich abzuholen. Es war nachmittags um drei und ich seit guten 24 Stunden unterwegs... aber, wenn da schon ein Gast kommt muss man dem erstmal etwas zeigen! Durch das Schläfchen auf dem Schiff war ich zudem gar nicht mehr müde.

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    Der Seisui-ji ist ein ziemlich heruntergekommener Tempel am südlichen Ende der Tiefebene von Sado. Eigentlich ganz idyllisch gelegen, aber die Instandhaltungskosten sind viel zu hoch für den Eigentümer weswegen seit Jahrzehnten nur noch das Nötigste gemacht wird.

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    Der Wirt musste dann bald in seine Wirtschaft, es gab fein Frittiertes und ich stank auch gleich nach Fett, wie in einer richtigen japanischen Wirtschaft so üblich.
     
  2. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Die Insel Sado hat ja so ein bisschen den Ruf ganz üble Pampas zu sein. Ist es auch.
    Nach dem Abendessen ging's mit der Frau vom Wirt zum Wirt nach Hause, Kofferinhalt auf Unversehrtheit überprüfen und Baden. Der Wirt wohnt in einem Kominka, einem alten Bauernhaus aus der Showa-Zeit. Man könnte es auch nichtgedämmte und winddurchlässige Bruchbude nennen, aber für 160 Euro Miete im Monat kann man selbst auf Sado keine großen Ansprüche stellen.

    Da der Wirt erst um zehn mit der Arbeit fertig war (= sich die letzten Gäste verzogen hatten) fuhr mich seine Frau sodann zu einer Boazn gegenüber vom Wirt. Wir tranken ein paar Vasen warmen Sake (pro Vase ein Gô Inhalt, also 0,18 l) und wollten dann zu einer anderen Boazn, die hatte aber zu, also blieb nur so eine verrauchte Kaschemme. Auf Sado kennt irgendwie jeder jeden, eine Dame am Tresen war schon recht betrunken und mit dem Wirt in der Oberschule, ein anderer Gast war mit der Mutter vom Wirt in der Mittelschule und hatte am gleichen Tag Geburtstag wie der Wirt.
    Jedenfalls tranken wir noch einige weitere Vasen, ich hatte aufgrund der Zeitverschiebung mittlerweile jedes Zeitgefühl verloren und irgendwann kam ein Daikô, das ist quasi ein Taxi ohne Lizenz (aber billiger) um uns abzuholen.

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    Beim Wirt zu Hause tranken wir dann noch eine Flasche (1,8 l) Kintsuru, goldener Kranich, leer und gingen gegen sechs Uhr morgens ins Bett.

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    Am nächsten Tag war mir gar nicht so wohl, ich stand mal gegen neun Uhr kurz auf um den Abort aufzusuchen und stellte dann fest dass es ca. zwei Grad im Hause hatte. Klar, ist ja nichts isoliert. Also schnell wieder unter die Decke und weitergepennt.

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    Die Katzen konnten alle Schiebetüren aufmachen, nur nicht die zur Küche.

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    Der Wirt denkt drüber nach umzuziehen, da es im Winter schon sehr kalt ist und die einzige Heizmöglichkeit aus Elektrostrahlern (im Klo und Bad) sowie Petroleumöfen (in Wohn- und Schlafzimmer) besteht. Allerdings ist der Sommer dort durch die Hanglage und den ständigen Wind ganz erträglich.

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    Reisterassen sind für Japan ja eher unüblich.

    Der restliche Tag war nicht so ergiebig, da wir vor 16 Uhr nicht aus dem Futon kamen. Außerdem mussten wir noch im Kindergarten und bei seiner Verwandtschaft vorbei, die kannte ich nämlich auch und man muss ja brav Grüßgott sagen. Das dauerte dann bis sieben, wir aßen schnell Ramen und warteten dann auf einen Spezi vom Wirt beim Kombini. Der Kombini hatte erst vor einigen Tagen die Marke gewechselt, war jetzt ein Lawson und die Leute standen bis zur Türe heraus. Auf Sado passiert nicht viel...

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    Am nächsten Morgen wollte ich die Schnellfähre von Ryotsu nach Niigata um zehn nehmen, da der Wirt auf der anderen Seite der Insel wohnt mussten wir gegen neun los. Und schon war sie wieder vorbei, die Zeit auf Sado.

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  3. Gusti

    Gusti Reisefuchsforum Legende

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    :RpS_biggrin:

    Schön, wieder von Dir & Deinen Abenteuern abseits der Japan-Klischee's zu lesen.
    Freu mich auf mehr,

    LG
    Gusti
     
  4. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    So viele Essensfotos wie ich mache, klischeehafter geht's doch gar nicht :confused2: (Spaß)

    Durch meine ganzen Bekannten ergibt sich die Reiseroute ja meistens wie von selbst. Den Wirt besuche ich nicht jedes Mal, aber mit den restlichen Besuchen bleibt meistens gar nicht so viel Zeit für neue Orte.

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    In Niigata hatte ich noch ein Stündchen bis zur Abfahrt des "Inaho" (Reisähre) nach Akita und bin nahe des Bahnhofes Curry bei Coco essen gegangen, das ist eine Kette. Schmeckt überall in Japan gleich, ich mag's, meine Schwester nicht, aber die ist dieses Mal zum Glück auch nicht dabei.

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    Die Strecke entlang des japanischen Meeres zwischen Niigata und Akita finde ich persönlich recht schön.

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    Man merkt schon: So langsam geht's in Richtung Yukiguni, Schneeland.

    In Akita dankte man mir im View Hotel nahe des Bahnhofes dafür dass ich immer ihr Hotel benutzen würde (dabei war's erst das zweite Mal). Es war draußen recht frisch und glatt, ab dem Zeitpunkt hatte ich immer Bergschuhe und lange Unterhose an (außer natürlich im Bett).

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    Der Bahnhofsvorplatz von Akita im Schneetreiben. Bin dann recht unspektakulär Inaniwa-Udon essen gegangen und habe beim Ausbeuter noch eine grüne Brühe getrunken. Nach ca. 15 Jahren hatte ich zum ersten Mal wieder den Herrn der Ringe in der Hand und meine Wut auf die missratenen Filme stieg mit jeder Seite an.

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    Am nächsten Morgen hatte ich dann auch endlich Rachenschmerzen und Schnupfen. Hurra! Der Plan war gewesen das Gepäck im nächsten Hotel in Kakunodate abzugeben und dann nach Sendai zu fahren.

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    Es hat in Ômagari am Bahnhof ein bisschen geschneit.

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    Eigentlich hat es überall geschneit. Kakunodate ist so ein Schneeloch, eine Bekannte hat da mal gewohnt und als Englischlehrerin gearbeitet, deswegen kannte ich das Kaff schon aus dem Herbst.

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    Mittagessen in Morioka. Im letzten Jahr hatte ich ja meine Familie dabei und mein Bruder wollte unbedingt Wanko-Soba essen, dabei wird einem ständig ein kleiner Haufen Nüdeli in die Schüssel getan und man kann soviel essen wie man will. Habe 100 geschafft und mir war schlecht danach. Als Gewohnheitsmensch bin ich trotzdem nochmal zu Azumaya am Bahnhof Morioka, habe aber nur normales Kamo-Nanban gegessen, also Nüdeli mit Ente. Sendai fiel dann auch aus, wollte mich ein bisschen schonen.

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    Abends zurück in Kakunodate. Geräumt wird da übrigens nicht so richtig, eigentlich nur die Straßen. Glatt ist es auch.
     
  5. Umi

    Umi Reisefuchsforum Legende

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    Ich lese gerne mit, ist wirklich ganz anders, als man sich Japan so vorstellt.

    Liebe Grüße

    Gerhard
     
  6. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Kakunodate hatte ich als Unterkunft gewählt weil es direkt an der Akita-Nairiku-Bahn liegt, einer quer in Nordsüdrichtung durch die Präfektur Akita führenden Privatbahn welche früher mal von der Staatsbahn betrieben wurde. Im letzten April war ich in Takanosu (der nördlichen Endstation) von JR in die Nairiku umgestiegen, hatte eine halbe Stunde Zeit und dann in der Touristeninformation die Miki kennengelernt. Die ist bei der Tourismusbehörde der Präfektur beschäftigt und nebenher Bergführerin. Außerdem reist sie gelegentlich nach Tokio, wo die Präfektur Akita regelmäßig Events abhält um Leute dazu bewegen nach Akita zu ziehen. Denn wenn's mit der Entvölkerung so weitergeht ist Akita die erste Präfektur die "ausstirbt", erst kürzlich hat man die Einwohnerzahl von einer Million unterschritten.

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    Die Miki meinte damals ich solle mal im Winter kommen und Juhyô anschauen, das sind bizarre Eisformationen die entstehen wenn der Wind aus Sibirien die Feuchtigkeit des japanischen Meeres aufnimmt und an den Weißtannen auf dem exponierten Gipfel des Moriyoshi wieder loslässt.

    Gebucht hatte ich eine Nacht im Hotel Fusch an der Talstation der Gondel. Die Besitzerin bot an mich vom Bahnhof in Aniai abzuholen was hilfreich war, sonst gibt's da nur Taxis.

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    Die Bahnstrecke freizuräumen ist im Winter in ein ständiger Kampf.

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    Am Bahnhof Kami-Hinokinai gab es einen unvorgesehenen Aufenthalt da der Gegenzug aufgrund eines Defektes eine halbe Stunde Verspätung hatte.

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    Die Besucher aus Hong Kong nahmen sich die Schneeschaufel aus dem Wartehäuschen und machten gegenseitig Fotos.

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    Und der Maschinist bedankte sich mehrmals für meine Übersetzertätigkeit, er konnte kein Englisch und die Hongkonger kein Japanisch.

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    Im Hotel war noch Weihnachten. Die Dame ist ca. 75 und stemmt den Hotelbetrieb noch weitgehend alleine, ihr Mann ist vor einigen Jahren verstorben. Mit ihm und den Kindern war sie früher oft in Europa und hat mir Fotos von damals gezeigt, der Name des Hotels kommt vom Ort Fusch an der Großglocknerstraße. Auf die Frage ob die Dame denn alleine zurechtkäme meinte die Miki später "natürlich nicht". Den Eindruck hatte ich auch.

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    Curry an der Talstation. Aufgewärmter Fraß, es gibt aber keine andere Möglichkeit zu speisen. Die zwei Mädels am Tisch nebenan beschwerten sich über die versalzenen Ramen.

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    Das hat mich an die Schiurlaube meiner Kindheit erinnert, in St. Johann in Tirol gab's die gleichen Gondeln.

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    Das Skigebiet wurde mitte der 80er, also während der Seifenblase, durch die Seibu-Gruppe errichtet. Die ist vor allem durch Kaufhäuser und die Seibu-Bahngesellschaft in Tokio bekannt. In den 80ern boomte das Skigeschäft in Japan, besonders im Umkreis um die Hauptstadt hat man hässliche Resorts aus dem Boden gestampft, da könnten die Franzosen mit ihren Betonbunkern in den Alpen noch was lernen. Leider ist das Skigebiet von Ani viel zu weit weg von Tokio, wer da heute zum Skifahren fährt nimmt den Shinkansen nach Yuzawa, Nagano, Karuizawa... selbst am Tohoku-Shinkansen gibt es noch nähergelegene Gebiete, z.B. in Zaô oder Appi bei Morioka. JR East hatte gerade eine Werbekampagne anlässlich von 30 Jahren "JR SKISKI" laufen, fand ich ganz nett gemacht. "Nimm mich mit dem Shinkansen mit zum Skifahren", eine Anspielung auf den Film "Nimm mich mit zum Skifahren" von 1987 mit Harada Tomoyo und Mikami Hiroshi, die Originalaufnahmen hat man dann für die Werbespots nur neu übersprochen.

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    Allerdings: Laut dem einzigen weiteren Hotelgast ist der Schnee am Moriyoshi unvergleichlich. In den südlicheren Gebieten wird dieser ab Mitte Februar feucht und schwer, am Moriyoshi nicht.
    Mittlerweile hat die Seibu-Gruppe das Skigebiet schon lang an eine Betreibergesellschaft bestehend aus Präfektur und der örtlichen Gemeinde abgegeben, die Besucherprognosen waren mit dem Zerplatzen der Seifenblase nämlich auch zerplatzt. Neben der Gondelbahn gibt es noch zwei Sessellifte, insgesamt vielleicht 10 - 15 km Piste? Reizen würde mich das schon, aber nach zehn Jahren Pause mit Leihausrüstung in den Bergen der Präfektur Akita, da kommt bloß ein Schmarrn dabei raus. Entweder Knochenbruch oder von einem Bären gefressen.
     
  7. naturefriend

    naturefriend Reisefuchsforum Mod

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    Japan ist ja für mich schon immer fast ein Land auf einen anderen Planeten gewesen. Die Mentalität der Japaner ist nicht unbedingt meins und Schilder kannst auch nicht lesen :confused3:.

    Mittlerweile sehe ich das mit der Schrift etwas anders. Arabisch ist ja auch nicht gerade leicht zu lesen, im Gegenteil - ich schaff es bis heute nicht! Aber wenigstens gibt es im arabischen Alphabet Buchstaben und nicht zigtausend Zeichen. Nur eines ist mir beim Betrachten des Schildes am Bahnhof von Kami-Hinokinai aufgefallen: es gibt anscheinend Parallelen - "TO" und "DO" unterscheiden sich nur durch 2 Stricherl über dem Hauptzeichen! Ähnliches gibt es ja im Arabischen auch, nur das es hier Pünktchen unter oder ober den Schriftzeichen sind.

    Mit der Mentalität ist es auch jetzt noch so. Momentan sind ja viele Japaner - oder generell Asiaten - in Ägypten und so sehe ich immer wieder bei meinen Besuchen in Luxor viele "Japse". Die kennst sofort - Mundschutz, Regenschirm, weiße Haut und Selfiestick vor dem Gesicht :RpS_biggrin:.

    Aber Berichte, noch dazu wo er so locker geschrieben ist, von so "utopischen Zielen" lese ich sehr gern. Also mach weiter so, ich freue mich schon auf die nächste Folge
    lg Richi
     
  8. DokBua

    DokBua Reisefuchsforum Legende

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    Auch ich lese fleißig mit, zumal Japan ja noch auf meiner Bucket List steht ... :love1:
    Allerdings steht eindeutig fest: Nie und nimmer im Winter. Ich dachte so an Mai :cool5:
    Fragt sich nur: In welchem Jahr?
     
  9. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Japaner benutzen eigentlich keinen Selfiestick, zumindest nicht in Japan, das sind immer Chinesen oder Koreaner. Der Selfiestick hat absurderweise übrigens einen japanischen Namen bekommen, "Jidoribô" (自撮り棒), sich-selbst-fotografier-Stecken, anstatt dem bei modernen Gerätschaften üblichen Lehnwort aus dem Englischen.

    Das ist ein sogenannter "dakuten", der macht aus stimmlosen Konsonanten der Kana-Silbenschriften stimmhafte. T -> D, K -> G, S -> Z, H -> B. Die Leute in Nordhonshu können im Dialekt aber eh keine harten Konsonanten und kein Sch aussprechen. Und fast jeder Vokal wird zu einem unbetonten U, was das Verstehen von älteren Herrschaften in der Gegend noch schwieriger macht als anderswo...

    Jedes Jahr natürlich :nod:
    Ende Mai ist halt schon Regenzeit, aber als Thailandresidentin bist du das ja gewohnt.
     
  10. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Die Eisformationen auf dem Moriyoshi waren ein Grund warum ich überhaupt erst um diese Jahreszeit gekommen bin.

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    Da hatte ich auch irrsinniges Glück mit dem Wetter, laut Miki war in diesem Jahr bisher fast ausschließlich Nebel gewesen. Dafür war's kalt, es blies ein eisiger Wind und ich sollte den Ausflug mit Halsweh und Heiserkeit für die nächsten Tage bezahlen... aber das war es definitiv wert.

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    Das ist der Akita-Hund eines Skilehrers, der darf tagsüber in so einer Box sein dasein fristen und von den Mädels als "süß" bezeichnet werden. Mir tat er leid, aber so gehen die Japaner halt mit Tieren um. Die Zooabteilungen in den Baumärkten würden in Deutschland sofort dichtgemacht.

    Die Miki fuhr mich dann noch den halben Kilometer zum Hotel zurück.
     
    Gusti gefällt das.
  11. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Am nächsten Tag war das Wetter auch gar nicht so berauschend. Endlich wieder Schnee!
    Der zweite Hotelgast wurde von einem Bekannten aus dem Dorf abgeholt, der ist eigentlich Matagi-Jäger, heißt er geht in die Berge um dort Bären zu erlegen und dann zu verspeisen. In neunter Generation! Der Jagdschein ist eine der wenigen legalen Möglichkeiten um in Japan als Zivilist mit einer Knarre herumzulaufen... ich würde sogar behaupten dass es die einzig legale Möglichkeit ist. Die strengen Anforderungen, verbunden mit der Landflucht und der Überalterung tragen allerdings nicht gerade dazu bei die Zahl der Jäger konstant zu halten. Vielleicht liegt's auch daran dass Bär gar nicht so gut schmecken soll.

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    Die Dame vom Hotel fuhr mich morgens zurück zum Bahnhof nach Aniai, ich nahm dann die Nairiku-Bahn bis Takanosu und ging bis zur Abfahrt des Zuges nach Hirosaki noch ein wenig der Miki auf die Nerven, die war an dem Tag nämlich an der Touristeninformation tätig. Wobei "tätig" da eher aus rumsitzen und Teetrinken besteht. Ein Kollege von ihr meinte die Miki sei eigentlich ein Namahage, das sind Dämonen von der Oga-Halbinsel im Westen der Präfektur Akita welche an Neujahr durch die Dörfer laufen und die Leute erschrecken (vergleichbar mit den alpenländischen Perchten).

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    Bei schönem Wetter wollte ich an den Iwaki, aber bei Schnee und null Sicht... aus Mangel an Alternativen bin ich dann nach Goshogawara gefahren.

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    Da ist es immer noch so hässlich wie vor sechs Jahren. Die überall vorhandenen Automaten mit heißem Tee ließen aber zumindest das Halsweh erträglich werden.

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    Mittlerweile gibt es dort ein Museum eines bekannten Schlagersängers, Yoshi Ikuzo. Der hat in den 80ern den Rap in Japan salonfähig gemacht.



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    Abends zurück in Hirosaki: Natürlich Schnee, und zwar ein nasser und schwerer.

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    Nach dem olympischen Halbfinalsieg gegen Kanada hatte ich kurz überlegt für das Finale einen Hüpfer nach Südkorea zu machen. Am nächsten Nachmittag von Aomori direkt nach Seoul, weiter mit dem Zug... wäre überschlägig auf ca. 1500 Euro gekommen, vorsichtig kalkuliert. Das wäre dann aber der Tod meiner Stimme geworden, ich klang zu dem Zeitpunkt schon wie nach drei durchgesoffenen Nächten.
     
  12. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Anstatt einem Flug nach Seoul stand am nächsten Tag also die Überquerung der Tsugaru-Meerenge auf dem Programm, allerdings nicht wie sonst immer mit dem Zug, sondern mit der Fähre.

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    Dazu gibt es einen sehr bekannten Schlager, "Tsugaru Kaikyô Fuyugeshiki" (die Winterszenerie der Tsugaru-Meerenge) von Ishikawa Sayuri. Die tritt damit fast jährlich im Silvesterstadl des japanischen Fernsehsenders NHK auf, dem "Kôhaku Uta Gassen" (Rot-Weißer Gesangswettbewerb). Das Lied ist natürlich ein trauriges Liebeslied, es geht darum dass eine Frau ihren Liebsten verlässt und alleine nach Hokkaidô zurückkehrt.



    Bis zur Eröffnung des Seikan-Tunnels zwischen Honshû und Hokkaidô 1988 verkehrten zwischen Aomori und Hakodate Eisenbahnfähren (jeweils eines der Schiffe kann heute in den Häfen besichtigt werden). Die Fahrzeit Tokio - Sapporo betrug damals ca. 18 Stunden, heute sind es noch acht. Wer nicht total gaga ist (oder den JR-Pass hat) nimmt aber das Flugzeug, nicht die Bahn.

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    Fährterminal in Aomori. Es gibt heute zwei Fährgesellschaften, Seikan Ferry und Tsugaru Kaikyô Ferry, bei letzterer passte die Ablegezeit besser. Das Schild kommt wohl daher dass die Fähren rund um die Uhr verkehren. JR verkauft zu bestimmten Zeiten eine Art Schönes-Wochenende-Ticket für Japan, da kann man an einem Tag für 2.100 Yen so viel mit als Local und Rapid klassifizierten Zügen fahren wie man will. Mit der Eröffnung des Hokkaidô-Shinkansens fiel die Möglichkeit weg mit diesem Ticket nach Hokkaido zu fahren, es gibt zwar ein Zusatzticket, das ist aber sehr unpraktisch. Reisende mit wenig Geld aber viel Zeit nutzen daher die Fähren.

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    Das Schiff war quasi leer, einige Familien, vereinzelte Reisende, aber hauptsächlich Lastwagenfahrer.

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    Blick zurück nach Aomori.

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    Mit der Winterszenerie wurde es aufgrund des Nebels leider nichts.

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    Erst kurz vor der Ankunft konnte man langsam die weiße Gestalt des 1.131 m hohen Komagatake erkennen.

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    Das Wahrzeichen von Hakodate, der 334 Meter hohe Hakodate-yama.
    Die Überfahrt war ohne besondere Vorkommnisse, fast langweilig, aber entspannend. Habe ein bisschen im Herrn der Ringe weitergelesen und viel zu viel heiße Zitrone aus dem Automaten dazu getrunken.

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    In Hakodate ein altbekanntes Bild: Nichts geräumt und nicht gestreut.
     
  13. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Bei Hokkaido darf man ja nicht vergessen wie groß die Insel ist, die Fläche ist nur ein bisschen kleiner als Österreich. Im Vergleich mit Honshu schaut das so aus:

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    Die Einheimischen nennen ihre Insel daher auch gern "Dekkaidô", ein Kofferwort aus dekkai = riesig und Hokkaidô. Ein weniger ausgelutschter Name ist "Kita no Daichi", das große Land im Norden.

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    Aus irgendeinem mir nicht so ganz verständlichen Grund ist Hakodate bei Touristen aus China und Taiwan sehr beliebt. Anstatt "Sehr beliebt" könnte man auch "total überlaufen" sagen.

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    Kreuzung nahe der Straßenbahn-Haltestelle Jûjigai.

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    Warum man eine Statue von Sakamoto Ryoma in Hakodate aufgestellt hat ist mir nicht so ganz klar. Der wird eigentlich mit der Präfektur Kochi auf Shikoku in Verbindung gebracht. Ein Nachkomme von ihm hat später auf Hokkaido gelebt, vielleicht deswegen?

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    Hier sehen sie den ältesten noch in Betrieb befindlichen Beton-Strommasten Japans, erbaut 1923.

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    Die Wege zur Gondelbahn werden auch nicht so richtig gestreut. Naja, kommt man wenigstens schnell wieder runter.

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    Der Blick vom Hakodate-yama auf Hakodate zählt mit Kobe und Nagasaki zu den drei berühmten Ansichten bei Nacht. Eigentlich hatte ich mir das so ausgemalt: Zeitig mit der Gondelbahn hochfahren, ein paar Fotos machen, Tee trinken und warten bis es dunkel wird.
    Leider spie aber die Gondel im Zehnminutentakt eine weitere Hundertschaft Chinesen aus, das Gebäude quoll über, ein ruhiger Platz war nicht zu finden.

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    Sendeanlage auf dem Hakodate-yama.

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    Unten in der Stadt pfiff mittlerweile ein scheußlich kalter Wind. Im Hotel funktionierte leider die Heizung nicht, was aber nicht schlimm war, denn die ist in Japan grundsätzlich auf ca. 28 Grad eingestellt und viel zu warm. Das Betreten irgendeines Cafes, Museums, Zuges endet daher erst einmal im Ausziehen bis auf's T-Shirt.
    Bin dann noch Curry essen gegangen, das war dieses Mal kein Fertig-Fraß sondern selbstgemacht.
     
  14. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Bedingt durch das Finale am nächsten Tag gab's zwei Möglichkeiten: Früh los und dann in Kushiro schauen oder später los und irgendwo zwischendrin schauen. Am Tag zuvor war in Tomamu eine Weiche gebrochen und alle Züge von Sapporo nach Kushiro fielen aus.Zum Glück war die Reparatur am nächsten Tag aber beendet.

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    Der frühe Vogel... die Zugverbindung nach Kushiro macht dann einen Umstieg in Minami-Chitose nötig.

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    Kalt war's natürlich auch wieder.

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    Kurz nach Hakodate kam dann auch die Sonne hinter dem Komagatake hervor.

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    Das Frühstück bestand aus Melonpan und einem Dosenkaffee. Gesund ist das bestimmt nicht.

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    Blick aus dem Hotel in Kushiro. Die Stadt hat sich seit 2009 nicht groß verändert, ist nur ein bisschen weiter heruntergekommen. Ein in Sapporo wohnender Freund war mal einige Jahre als Polizist in Kushiro und meinte die Stadt könne man vergessen.
    Beim Finale habe ich mich dann zum Schluss furchtbar aufgeregt, wie man bloß so verlieren kann. Wie früher, als ich noch regelmäßig zum Eishackeln gegangen bin, da war der Puls auch immer gleich auf 180.

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    Allerdings gibt es seit letztem Jahr in Kushiro östlichsten Ausbeuter Japans! Und was soll man in da sonst auch machen. Der Laden liegt natürlich außerhalb, wie überall in der japanischen Pampas sterben die Innenstädte.

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    Abendessen. Das ist ein halbes Hendl, bereits zerteilt.

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    Hirsch-Dschingiskhan, also kurzgebratener Hirsch mit Zwiebeln und Sprossen. Wild hat in Japan keinen guten Ruf, der Geschmack steht den Japanern nicht zur Nase. Bedingt durch die weniger werdenden Jäger werden die Viecher allerdings immer mehr und führen regelmäßig zu Störungen im Bahnverkehr, JR Hokkaido hat das mittlerweile auch in die automatischen Ansagen übernommen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 25. März 2018
  15. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Nemuro - der östlichste Punkt Japans. Zumindest der für Zivilisten zugängliche, denn für einen Besuch auf der Pazifikinsel Minamitorishima müsste man entweder beim Militär oder beim Wetterdienst sein. Nach Etorofu könnte man theoretisch fahren, aber da gibt es noch so ein ungelöstes Problem mit den Russen.

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    Morgens in Kushiro. Die Raben bedienen sich. Erinnert mich an meinen Kater zu Hause, der verwechselt auch immer den Müllsack mit einem Buffet.

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    Bei minus zehn Grad erst einmal eine heiße Zitrone aus dem Automaten!

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    Es fährt vor: Ein alter Dieseltriebwagen, noch aus der Zeit der Staatsbahn. Für die ca. 135 km darf man gute zweieinhalb Stunden veranschlagen.

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    Man erkennt hier das Staatsbahn-Logo auf den Ventilatoren. In Hokkaido gibt's auch nicht in allen Zügen eine Klimaanlage, dafür ist die Heizung mal wieder schön warm eingestellt.

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    Eisschollen auf dem Kushiro-kawa.

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    Blick auf die Akkeshi-Bucht in der Morgensonne.

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    Am Bahnhof Higashi-Nemuro, dem östlichsten Bahnhof Japans. Genau so habe ich mir Nemuro immer vorgestellt.

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    Hübsch ist es hier.

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    Bahnhofsstempel, in Japan ein beliebtes Sammelobjekt.
    Oben: Nemuro, die Stadt mit dem Kap Nosappu wo die Morgensonne als erstes aufgeht
    Unten: Higashi-Nemuro, östlichster Bahnhof Japans.

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    Gegenüber im Busbahnhof habe ich mir dann ein Billet für eine Hin- und Rückfahrt zum Kap Nosappu gekauft.

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    返せ北方領土!Gebt die nördlichen Gebiete zurück! Die Inseln Kunashiri, Etorofu, Shikotan sowie die Habomai-Gruppe wurden kurz vor Ende des 2. Weltkrieges von den Russen annektiert. Bis heute ein Streitthema in den diplomatischen Beziehungen beider Ländern.
     
  16. naturefriend

    naturefriend Reisefuchsforum Mod

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    Sag mal, kannst du so gut japanisch? weil ich würde mich da nicht zurechtfinden.
     
  17. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Hmm, man könnte das wahrscheinlich auch ohne Japanischkenntnisse machen, allerdings wäre das mit wesentlich mehr Rechercheaufwand verbunden. Ausgeschildert war da fast nichts auf Englisch. Allerdings sind die Übersetzungsapps mittlerweile echt gut geworden, und einen mobilen Internetrouter hat eh jeder Touri dabei. Bei vertikal geschriebenem Japanisch oder Handschrift schaut's natürlich wieder anders aus...

    Aber ja, am Telefon fällt es nicht auf dass ich kein Japaner bin. Bei Reservierungen benutze ich immer japanische Namen um die Unterhaltung nicht unnötig zu verkomplizieren, was dann in der Wirtschaft für große Augen sorgt weil der Herr Hashimoto eben so gar nicht wie ein Japaner ausschaut. Vielleicht sollte ich mal probieren mich als Ainu auszugeben...

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    Kap Nosappu! Die Busfahrt (eine knappe Stunde) dahin ist ziemlich trostlos, man fährt an aufgelassenen Schulen vorbei. Zum Glück lag Schnee, da sah man den wahrscheinlich überall herumliegenden Schrott nicht.

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    Es gibt am Kap allerlei Monumente, Gebäude und Stelen, aufgestellt von national gesinnten Gesellen und Vereinen.

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    Blick auf Kunashiri mit dem 888 m hohen Rausu-yama (wulkan mendelejewa).

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    Diese Skulptur wird "Die Brücke zu den vier Inseln" genannt. Eigentlich bestehen die nördlichen Gebiete aus mehr als vier Inseln, da die Habomai-Gruppe mehrere kleine Eilande aufweist.

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    Da kann man sich auf diverse Punkte stellen und hat die Richtung aufgezeigt in der sich die einzelnen Inseln befinden. Wer es noch nicht weiß: Die nördlichen Gebiete sind japanisches Staatsgebiet, steht da zumindest.

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    Wenn man ganz genau hinschaut kann man auf dem Holzpflock nicht nur "Gebt die nördlichen Gebiete zurück" lesen, sondern sieht ein bisschen weiter links davon den russischen Leuchtturm auf dem Fels Kaigara-jima (auf russisch "Signalinsel").

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    Der Busfahrplan ist nicht so optimal, ich hatte die Wahl zwischen 50 Minuten und vier Stunden Aufenthalt. Letzteres hätte dann noch eine lange Wartezeit in Nemuro zur Folge gehabt. Außerdem war das private "Museum" am Kap geschlossen, nur das städtische war offen. Darin viele Zeitungsartikel und Fotos von vor 1945 vom Leben auf den Inseln, bevor die Sowjets kamen. Die Präsentation war überraschend neutral.
    Es gab auch keine Möglichkeit was einzukaufen oder zu essen, Ende Februar hat da nichts offen... außer dem Polizeirevier. Der Wachtmeister vor der Wache sah recht vierschrötig aus, mein Spezi der Ex-Polizist meinte dass man an solchen Stellen Beamte platziert die vorher bei der Bereitschaftspolizei waren, wenn mal ein Russe rübergeschwommen kommt gibt's gleich ein paar Hiebe mit dem Holzschwert.

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    Das Maskottchen der nördlichen Gebiete, Erika-chan.

    Bei alles Gefühsduselei und Nationalstolz der die Inseln umwabert: Japan leidet massiv unter Landflucht und Bevölkerungsrückgang, besonders Hokkaido hat durch seine Größe Probleme die Infrastruktur in Schuss zu halten. Der Osten der Insel gammelt eigentlich seit dem Ende der Seifenblasenwirtschaft vor sich hin. Was man in der Situation jetzt mit ein paar abgelegenen Inseln will ist wirtschaftlich eigentlich nicht erklärbar. Wer soll da hinziehen? Die paar Greise, die vor '45 dort gelebt haben? Groß Bodenschätze ausbeuten kann man auch vergessen, die Inseln würden sofort zum Nationalpark erklärt.
    Vielleicht könnte man auch ein Reservat für die Ainu einrichten. Die waren da schließlich vor den Russen und den Japanern...

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    Zurück im Bus nach Nemuro. Dank mir musste der Busfahrer nicht leer zurückfahren. Die Bewohner der an der ganzen Küste aufgereihten Einfamilienhäuser leben hauptsächlich vom Kombufischen, das ist Seetang der für japanische Brühe benötigt wird. Kombu aus Osthokkaido gilt als der hochwertigste.

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    In Nemuro war's dann schon eins durch, ich hatte Hunger und habe den östlichsten MOS-Burger Japans, ja der Welt! besucht. Das ist so eine Burgerkette, die Inneneinrichtung war schon abgenutzt und auch nicht anders als in den anderen Filialen, hatte aber gute Bewertungen. Warum? Weil's in Nemuro sonst kaum Filialen irgendwelcher japanischer Ketten gibt.

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    Von den komischen Reisburgern halte ich nichts, der Tonkatsu-Burger ist aber super. Das ist ein Schnitzel mit Soße, japanischem Senf (karashi) und Kraut. Eigentlich sind zwei Burger immer genau richtig, der Dritte ist dann zu viel :-/.

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    Der Bahnhof Nemuro von außen.

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    Das ist eine handgemalte und zusammengeklebte Karte Japans, als Werbung für eine Rabattaktion der JR-Gruppe, 12 Tage so viel man will in der 1. Klasse fahren, für ca. 1000 Euro. Benutzbar aber nur für verheiratete Paare. . In Nemuro fahren nur ein paar Züge pro Tag, als Bahnangestellter hat man da viel Zeit.
     
  18. naturefriend

    naturefriend Reisefuchsforum Mod

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    Hr. Hashimoto ich verneige mich vor dir :clap2:
     
  19. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

    Registriert seit:
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    644
    Naja, nach mittlerweile zehn Jahren Beschäftigung mit der Sprache... mir fehlen noch ca. 100 der Schriftzeichen die in offiziellen Drucksachen und Zeitungen verwendet werden dürfen. Zumindest nach der alten Liste, vor ein paar Jahren gab's eine Änderung und es kamen nochmal ca. 200 Zeichen dazu :rolleyes3:

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    Zurück nach Kushiro!

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    Es kam das Arbeitstier der ländlichen Bahnstrecken, die Baureihe 40 der ehemaligen Staatsbahn. Ohne Klimaanlage, mit Ventilator an der Decke.

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    Auf der Rückfahrt sah man dann eindrucksvoll das Hirschproblem.

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    Dummerweise gefällt's den Tieren auf den Gleisen besonders gut.

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    Der Fahrer musste mehrmals plötzlich bremsen.

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    Was dann auch zu einer um 10 Minuten verspäteten Ankunft in Kushiro geführt hat.

    Am Abend gab's dann wieder frittiertes Hendl. Ein Problem bei den japanischen Kneipen ist ja immer dieser penetrante Fettgestank gepaart mit Zigarettenrauch, ich kann schlecht Jacke und Pullover im Hotel lassen. Zum Glück hat jedes Hotelzimmer eine Flasche Febreze.
     
  20. Kitakinki

    Kitakinki Reisefuchsforum Legende

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    Die Senmô-Bahn zwischen Kushiro und Abashiri gehört zu den vielen Strecken deren Zukunft unsicher ist. JR Hokkaido hat massive Finanzprobleme und steckt tief in den roten Zahlen, es kommt immer mal wieder zu Entgleisungen. Mittlerweile denkt man über eine Trennung von Netz und Schienenbetrieb nach, da der Staat nach den momentanen Regularien JR Hokkaido nicht direkt unterstützen darf.

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    Der Nationalpark des Kushiro-Moors, gesehen vom Zug aus.

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    Der Kushiro-Fluss in der nähe des Bahnhofs Hosooka.

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    Mandschurenkraniche am Bahnhof Kayanuma.

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    Das südliche Osthokkaido bekommt nicht so viel Schnee, nach Norden wird es dann etwas mehr.

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    Am Bahnhof Kitahama war eine größere Gruppe Chinesen eingestiegen, der Zug bis auf den letzten Platz besetzt gewesen. Das überheizte Waggoninnere wurde noch ein bisschen unerträglicher.

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    In Abashiri gab ich mein Gepäck im Hotel ab und lief dann den Kilometer bis zum Hafen. Man kann im Winter da eigentlich nur eines machen, mit einem Eisbrecher das Treibeis anschauen.

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    Winter ist in Japan Erdbeerzeit! Wer möchte ein Sandwich?
    Wobei ich den anderen Fraß im Kombini viel ekliger finde. Das Zeug in den Regalen darunter... brr. Aber das japanische Essen ist ja sooo gesund!

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    Die einstündige Fahrt mit der Aurora kostet 3.300 Yen. Das Schiff war ordentlich gefüllt, aber nicht ausverkauft. Teilweise werden fünf Fahrten pro Tag durchgeführt, wegen den Chinesen.

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    Das erste Treibeis. Das Schiff fährt ca. 20 Minuten hinaus, dann 20 Minuten durch das Eis und wieder zurück.

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    Und wieder eine Eintragung weniger auf der "Will ich irgendwann mal machen"-Liste.
    Nach der Fahrt bin ich in's Hotel zurück. Das einzige Cafe auf dem Weg war ein Mr. Donuts, so eine Neonlicht-Schmalzgebäckkette deren Donuts hauptsächlich süß und deren Kaffee fürchterlich ist. Also gab's eine heiße Zitrone aus dem Automaten auf dem Zimmer.

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    Das Abendessen gestaltete sich etwas schwierig, die Innenstadt von Abashiri ist an Werktagen quasi tot, Yakitori wollte ich wegen des Rauchgestanks vermeiden... und der Laden den ich ausgesucht hatte, der hatte außerplanmäßig geschlossen. Also bin ich doch in einem Yakitori-Laden gelandet, der hatte allerdings die Garderobe in einem Schrank!
    Es gab: Hendl :RpS_razz:
    Dazu in Ermangelung anderer Gäste einen Ratsch mit dem Koch. Später kamen dann noch ein paar Damen herein, alle mit Rock und Strumpfhose. Wäre mir zu kalt, das Thermometer zeigte minus 16 und mir war es auf dem Rückweg zum Hotel dann doch etwas kühl.
     

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